den Lakota-Sioux vorangetrieben wird, steht der umstrittene Harley Reagan Swift Deer mit seiner Deer Tribe Metis Medicine Society, die seit Jahren sogenannte Sonnentänze in den USA und in Europa - hier meist in Frankreich - durchführt. Die Lakota wenden sich weiters gegen den in Kalifornien tätigen Neoschamanen und selbsternannten "heiligen Mann" Steven Lawrence. Er sammelte Spenden für die "Lakora-Religion", die nie im Pine Ridge-Reservat ankamen und verlangte für die Teilnahme an seinen Sonnentänzen 5000 US-Dollar. In Pine Ridge selbst kam es zu handfesten Konflikten: Seit Jahren führt dort David Swallow Jr. Sonnentänze mit Weißen durch. Auch er verlangt dabei Eintrittsgebühren. Als aus dem Umkreis von Swallow die Botschaft durchsickerte, seine Sicherheitsmannschaft solle mit Waffen auszurüstet werden, löste das heftige Reaktionen in der Reservation aus: Während Traditionelle, die sich bedroht fühlten, bereits den Einsatz von US-Marshalls ins Auge fassten, forderten andere Gruppen wie die Grey Eagle Elders Group oder die Tokala Society vom Stammesrat, er solle ein Referendum verabschieden, das die Teilnahme von Weißen an spirituellen Zeremonien der Lakota untersagt. Erst als David Swallow Jr. erklärte, es werde keine Bewaffnung seiner Sicherheitstruppe geben, glätteten sich die Wogen der Entrüstung vorerst wieder.

Neben der Vermarktung der Sonnentänze beobachten Lakota und andere Traditionelle auch die Verkommerzialisierung der Visionssuche mit Besorgnis. Dieses heilige Ritual, das oft Teil der Initiation in das Stadium des Erwachsenen ist und umfangreiche Vorkehrungen und Reinigungsprozesse und eine ebenso umfangreiche Nachbetreuung verlangt, wird heute zunehmend im Instantverfahren auf dem spirituellen Supermarkt angeboten. Dabei werden die zahlenden Teilnehmer gefährdet, im "besten" Fall verkommt die Visionssuche zu einem meditativ angehauchten Ausflug in die Natur.

Tatsache ist, daß der Mißbrauch indianischer Spiritualität durch die sogenannten "Plastikmedizinleute" und deren allzu gläubige Anhänger die Phase der spirituellen Öffnung der traditionellen Chiefs und Medizinleute gegenüber Weißen fast beendet hat. Die neue Offenheit und die Hoffnung auf Austausch und Unterstützung durch die Hippiegeneration und deren geistige Nachkommen ist erneuter Vorsicht, oft sogar wieder

 

Mißtrauen gewichen.

Indianer sind seit Jahren bei uns "in". Da mag eine Liebe zu ihnen mitspielen, die bei vielen durch das Lesen der Bücher von Karl May geweckt wurde. Heute sprechen Indianer, die Europa bereisen, oft über ihre Probleme: Sie leiden unter dem Abbau von Uran und anderer Bodenschätze in ihren Reservationen und oft haben sie noch immer kein Recht auf die freie Ausübung ihrer Spiritualität. Was viele Menschen beeindruckt ist die Tatsache, daß Indianer immer noch einen sehr intensiven Bezug zur Natur haben. Ihre Warnung, "Mutter Erde" zu schützen und zu achten, hat einen großen Einfluß auf die internationale Umweltschutzbewegung ausgeübt.

Wogegen sich die Indianer - von den Hopi über die Navajo-Dineh bis zu den Irokesen - aber ganz heftig wehren, ist die heute in der esoterische Szene so weitverbreitete Übernahme ihrer Zeremonien. Immer wieder haben ihre Medizinleute und Chiefs, wie dort die "Häuptlinge" genannt werden, gewarnt, daß die Abhaltung von Schwitzhütten, Sonnentänzen und anderer Rituale, geleitet von irgendwelchen im esoterischen Supermarkt "geschulten" Menschen, gefährlich ist. Sie verurteilen diese bei uns überhandnehmenden Praktiken als "spirituellen Kolonialismus" . Nun lieben es auch in Österreich und in der Steiermark immer wieder die "neuen Schamanen", diese Warnungen zu mißachten. In letzter Zeit werden von ihnen sogar verstärkt Jugendliche für ihre Veranstaltungen angekeilt. Da wirbt z.B. die europäische Organisation des im indianischen Amerika als "Plastikschamanen" abgelehnten Swift Deer im Rahmen ihres Programms mit Visionsuchen, Schwitzhütten und Initiationen für junge Menschen (ab 14 Jahren), die dafür in die Schweiz fahren sollen. Dabei wird der "kleine oder große Rebell" angesprochen und "eine Abnabelung von der inneren Abhängigkeit von den Eltern".

Ein anderer esoterischer "Schamane" mit Sitz in Wien, der österreichweit in esoterischen Zeitschriften wie z.B. "Wege" wirbt, lockt mit "indianischem Chakraheilen" und Deiner "persönlichen Totempfahlmethode". "Indianisch ist daran nichts mehr. Und derartige Praktiken sind auch oft nicht ungefährlich

 

 

 

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